Dienstag, 7 Juni 2011, 229878 km
Das Coupé kriegt Kunifer-Leitungen
Zwei Jahre habe ich es nun schon hinausgezögert: Den Austausch aller Kraftstoff- und Bremsleitungen gegen Kunifer-Leitungen. Kunifer steht für eine Legierung aus Kupfer, Nickel und Eisen und ist korrosionsbeständig. Volvo setzt dieses Material bereits seit Jahrzehnten ein und wer sich mal die schönen glänzenden Leitungen in einem alten rostigen Volvo angeschaut hat, wird nichts anderes mehr haben wollen.
Das große Risiko bei Mercedes ist, dass die Leitungen bereits Jahre im Verborgenen gammeln, bevor die ersten Korrosionsspuren sichtbar werden. Auch beim Coupé sahen alle Leitungen noch makellos grün aus. Doch irgendwann stellte ich mit Verwunderung fest, dass einer der Gummis, in denen das Leitungsbündel unter dem Fahrzeugboden nach hinten geführt wird, ganz weich ist und von seiner Konsistenz eher an Marshmallows erinnert.
Nach Entfernen von Halteschelle und Gummi dann der Schock: Ein feiner Kraftstoffstrahl schießt fröhlich heraus. An dieser Stelle war die Druckleitung bereits vollkommen durchgerostet, doch nicht ein Millimeter der Leitung war außerhalb des Gummis verrostet. Dass es unter den anderen Gummis nich deutlich besser aussieht, ist anzunehmen.
Die wohl beste Quelle für Kunifer-Leitungen ist http://stores.ebay.co.uk/clarikengineeringsupplies. Der Händler hat alle üblichen Maße für Brems, Kraftstoff und Hydraulikleitungen im Angebot und dazu passend auch nahezu alle Bördelschrauben und Muttern. Einzig die Bördelschrauben für die 8mm-Kraftstoffleitungen sucht man dort vergeblich. Die Schrauben haben ein M12x1,5mm Gewinde und einen Flansch am vorderen Ende. Die einzige Quelle, die ich auftreiben konnte, ist der Hydraulikspezialist Max Michl GmbH.
Zum Anfertigen der Leitungen ist ein vernünftiges Bördelgerät mit Einsätzen für die Entsprechenden Leitungsquerschnitte erforderlich, sowie ein Leitungsbiegegerät und ein Rohrschneider. Ich habe die ringe zunächst in gerade Stücke aufgebogen und mit jeweils einem guten halben Meter Zugabe abgelängt. Ein Ende habe ich gleich mit einem Bördel und einer Bördelschraube versehen, so dass ich die Leitungen später nur noch nach Muster biegen, entsprechend ablängen und den zweiten Bördel anbringen musste.
Der wohl größte Aufwand beim W126 ist, dass die komplette Hinterachse mit Träger ausgebaut werden muss, da man sonst kaum an die Leitungen heran kommt. Es soll zwar Bastler geben, die neue Leitungen zwischen Bodenblech und Hinterachsträger hindurch gefädelt haben, doch ist so eine akurate Verlegung nahezu unmöglich. Dadurch steigt das Risiko, dass eine der Leitungen irgendwo später scheuert.
Nach dem Ausbau der Hinterachse habe ich erst einmal den gesamten Bereich des Unterbodens gereinigt. Auch wenn der ganze Bereich bis auf ein paar sehr kleine Flugrostansätze rostfrei war, habe ich alle mit Karosseriekit verfugten Kanten und Nähte noch einmal mit transparentem Perma ausgestrichen. Transparent ist angesichts des braunen hässlichen Zeugs zwar nicht unbedingt das treffende Adjektiv, doch hier geht es um langfristigen Korrosionsschutz und nicht um einen Schönheitspreis für einen Unterboden.
Auch die Hinterachse befand sich auf der Oberseite in einem mehr als guten Zustand. Lediglich an ein paar kleinen Stellen war der Lack abgeblättert und Flugrost hatte sich auf dem Stahl angesetzt. Ich habe die Oberseite lediglich gereinigt, die paar Stellen entrostet und mit einem schwarzen Lack behandelt, der für Treppen und Geländer im Außenbereich gedacht ist und sogar direkt auf rostige Flächen aufgetragen werden kann. Angesichts des guten Zustands mache ich mir um die Hinterachse in den kommenden 30 Jahren keine Gedanken.
Während Lack und Perma trockneten, habe ich das Leitungsbündel ausgebaut. Dazu muss der Tank zuvor komplett entleert werden. Das Anschlussstück der Bremsleitung sollte man für die Dauer der Arbeitszeit verschließen, da sonst die ganze Bremsflüssigkeit heraus läuft. Als Verschluss habe ich ein kurzes Stück Bremsleitung mit einem Bördel und Bördelschraube versehen und das offene Ende im Schraubstock verquetscht.
Das ausgebaute Leitungsbündel dient dann als Vorlage, um die neuen Leitungen in Form zu biegen. Da die Leitungen dreidimensional gebogen sind, erfordert dieser Arbeitsschritt viel Geduld und Zeit. Wenn man einen Abstand falsch abgemessen hat, verschieben sich auch alle nachfolgenden Biegungen und die Leitung passt am Ende nicht. Selbst bei sehr genau gebogenen Leitungen muss man noch mit mehreren Stunden Anpassungszeit am Unterboden rechnen.
Die Leitungshalter wurden komplett gegen neue ausgetauscht. Die Halter bestehen jeweils aus einer Blechschelle und einem Gummi, in dem die Leitungen geführt werden. Die Halter werden bis auf eine Ausnahme mit Karosserieschrauben am Unterboden befestigt. Diese Ausnahme hat es jedoch in sich, da es sich um eine Schlossschraube handelt, die von oben durch das Blech geht und von unten mit einer Mutter gesichert wird. Wenn das Gewinde verrostet ist, hat man ein ernsthaftes Problem, die Mutter von der Schraube zu kriegen, da die Schraube durchdreht. Ein Gegenhalten von oben ist nur möglich, wenn man den kompletten Tank ausbaut, da der Schraubenkopf direkt unter dem Tank sitzt.
Mit den Kraftstoffleitungen sollten auch die drei Anschlussschläuche zum Tank ersetzt werden, da sie im Laufe der Jahre hoffnungslos spröde geworden sind. Ein späterer Austausch bei eingebauter interachse würde sich sehr schwierig gestalten, da es in diesem Bereich verdammt eng zugeht.
Nach dem Austausch kann die Hinterachse wieder montiert werden. Zunächst sollte nur eine sehr geringe Menge Kraftstoff eingefüllt werden, da beim ersten Start erfahrungsgemäß noch die eine oder andere undichte Stelle auftaucht. Die neuen Leitungen müssen mit sehr viel Kraft angezogen werden, damit sich die Bördel setzen und abdichten. Nachdem sichergestellt ist, dass das Leitungssystem dicht ist, können der Tank wieder befüllt und die Bremsleitungen entlüftet werden.
ET-Nummer | Bezeichnung | St. | Preis | Gesamt | Beleg |
---|---|---|---|---|---|
4,75mm Kunifer Bremsleitung 25ft (7,5m) | 1 | 9,35 | 9,35 | ||
8,0mm Kunifer Kraftstoffleitung 25ft (7,5m) | 1 | 26,85 | 26,85 | ||
M10x1mm Bördelschraube mit Schulter (50 Stück) | 1 | 6,65 | 6,65 | ||
M12x1,5mm Bördelschraube mit Schulter | 3 | 1,65 | 4,95 | ||
A 126 470 16 75 | Kraftstoffschlauch | 1 | 17,86 | 17,86 | 04.10.2010 |
A 126 470 41 75 | Kraftstoffschlauch | 1 | 7,53 | 7,53 | 04.10.2010 |
N007603 014106 | Dichtring | 1 | 0,61 | 0,61 | 04.10.2010 |
A 109 476 03 84 | Dämpfungsgummi | 9 | 2,02 | 18,18 | 03.06.2011 |
A 109 995 00 15 | Schelle | 1 | 2,70 | 2,70 | 03.06.2011 |
A 109 995 00 22 | Schelle | 4 | 2,44 | 9,76 | 03.06.2011 |
A 110 476 00 84 | Dämpfungsgummi | 2 | 4,32 | 8,64 | 03.06.2011 |
A 110 995 00 22 | Schelle | 2 | 1,84 | 3,68 | 03.06.2011 |
A 112 476 01 84 | Dämpfungsgummi | 1 | 0,89 | 0,89 | 03.06.2011 |
A 115 995 00 22 | Schelle | 3 | 3,51 | 10,53 | 03.06.2011 |
A 116 476 02 84 | Dämpfungsgummi | 1 | 1,31 | 1,31 | 03.06.2011 |
A 123 995 13 20 | Schelle | 1 | 3,07 | 3,07 | 03.06.2011 |
A 180 995 00 22 | Schelle | 1 | 1,43 | 1,43 | 03.06.2011 |
Gesamtkosten: 133,99 Euro